-- Das Wort ist schärfer wie die Klinge!--

Hier eine Leseprobe:

 

Ein starker Herbstwind wehte seit Tagen über das trostlose Land von Zarsien. Die vereinzelt stehenden Bäume bogen sich, wo sie gesund, brachen dort, wo sie alt oder tot waren. Dicke Tropfen wirbelten umher und Durinn zog seinen Kopf enger zwischen die mageren Schultern.

In seiner jugendlichen Verklärtheit hatte seine Wanderung hellere Aussichten versprochen. Ein kleiner Kiesel, unnütz im Wege liegend wurde von ihm unwirsch weggekickt. Am liebsten würde er jetzt eine Rast einlegen, irgendwo einkehren. Doch hier gab es nicht mal einen Unterstand, die nächste Herberge lange nicht in Reichweite. Was musste ihm das Wetter auch so übel mitspielen. Sein Kopf sank noch ein Stück tiefer und ein Gefühl des Missmuts breitete sich in ihm aus. Als Durinn sich dessen gewahr wurde, regte sich in ihm Widerstand. Er würde sich nicht so schnell geschlagen geben! Schon immer wollte Durinn der Monotonie seines Dorfes entkommen und würde bestimmt nicht unverrichteter Dinge heimkehren. Das hatte er sich bei seiner Abreise geschworen.

Trotzig und übelgelaunt über das Wetter und seine Gefühle, stapfte Durinn weiter, nur manchmal leicht den blonden Schopf hebend, um seinen eingeschlagenen Weg nicht zu verlieren.

Immer stiller war es um ihn herum geworden. Die letzten Tiere schon lang außer Sichtweite getreten, die letzten gesunden Bäume verschwunden.

Unausgesprochene Gedanken wirbelten in seinem Kopf umher, wie vergangene Blätter der toten Bäume es einst taten. Ihre Geschichte war für immer verstummt.

Seit dem er diese Reise angetreten hatte, wuchs das Bedauern stetig, dass er niemandem seine Überlegungen mitteilen konnte. Wie schön wäre jetzt ein Gefährt zur Zerstreuung. Doch gab es in seinem Dorf keine Menschenseele, die hätte mit ihm gehen wollen. „Was für ein Blödsinn“ grollte er gegen seine Fußspitzen. „der Krieg ist doch schon lange vorbei“. Er grummelte weiter vor sich hin, denn außer dem Selbstgespräch und dem Blick in die trostlose, tote Gegend, blieb ihm nicht viel zur Ablenkung.

Er dachte an Zuhause.

 

Das Dorf Naxmoor, aus dem Durinn stammt, war im Gegensatz zum Forrest bereits wieder voll Erblüht. Wie Früher unterstützte es den Burgherrn mit Getreide und Vieh. Die bestellten Felder besaßen erneut einen hohen Ertrag und betteten die Häuser in die Farben des laufenden Jahres. Eingekuschelt lag es im Tal, vermittelte Leben und Geborgenheit.

Stiegen die Bauern jedoch auf den Kamm des umschließenden Berges, erblickten sie in weiter Ferne einen flachen Grat. Dahinter lag der verkohlte Wald. Er war ein Mahnmal des Krieges. Eine Wunde, die sich nicht schloss. Deren Betrachtung sie nur an Tod und Schmerz erinnerte. Die Mitwelt, die ihnen ihre Verluste entgegen zu schreien schien, unwiderruflich. Es was diese Art von Anblick, der man nur zu gerne den Rücken kehrte und dies tat Naxmoor fast geschlossen.

 

 


Zweite Leseprobe

 

Durinn hob seinen Kopf gerade soweit, da er mit zusammen gekniffenen Augen den weiterführenden Pfad erkunden konnte. Da, in der Ferne, durch die dünnen wässrigen Bindfäden, konnte er endlich sein Ziel, die Burg Steinfels sehen. Er senkte den Blick zurück, auf seine Füße, um mit ein wenig mehr Energie als gerade zuvor seinen Marsch zu Ende zu bringen. Das letzte Stück Weg musste er bergan gehen, da die Feste, zur besseren Verteidigung auf einer Anhöhe gebaut war. Jedoch ergab dieser Umstand den Vorteil, sich auf felsigem Grund, anstatt auf Schlamm zu bewegen. Auf dem letzten Stück hielt er dann doch in seinem Schritt inne, in der Ehrfurcht, zum ersten mal einer Burg so nahe zu sein. Da er ja ohnehin bis auf die Knochen nass war, nahm er sich die Zeit, dieses mächtige Bild genauer zu inspizieren.

Die Mauern der Barbakan ragten drei Mannes hoch vor ihm auf und wurden von vier Wachen patrouilliert. Doch die eigentliche Burgmauer erhob sich auf das Doppelte, hatte gleichfalls vier Ecktürme, sowie nochmals zwei, die das Torhaus bildeten und jeweils einen mittig im Westen und vermutlich auch im Osten sowie im Norden. Die Anzahl der Wachen vermochte er indes nicht zu überschauen. Im Gegensatz zu dieser geballten Kraft wirkte es geradezu grotesk, dass das vor ihm liegende Tor offen stand. Da es aber Zeiten des Friedens waren, war es jedoch nicht weiter verwunderlich. So setzte er sich wieder in Bewegung, um die letzten Schritte, die ihn vom Tor trennten, Zu Ende zu gehen.

Nur eine Wache in leichter Rüstung befand sich an der hölzernen Pforte und empfing den durchweichten Wanderer mit einer netten Floskel, und der Frage nach seinem Begehr. Mit einem feierlichen Ausdruck auf dem Gesicht antwortete Durinn.
Mein Name ist Durinn Aptahr, Sohn von Angatyr und Batwila. Unser Lord, Herr über Steinfels hat nach mir gesandt.“

„Nun denn, trete ein,“ entgegnete der schwarzbärtige Mann mit einem freundlichen Lächeln, so das die weißen Zähne im starken Kontrast zu dem schwarzen Haar standen. „Man hat uns schon gesagt, dass du in diesen Tagen eintreffen würdest. Jamar wird dich begleiten und dir alles notwendige zeigen.“

Ein Mann Anfang zwanzig, in leichter Lederrüstung, kam auf einen Wink des Wachmanns behände auf sie zu und gab Durinn zu verstehen, ihm zu folgen. Ohne eine Möglichkeit zu haben sich vorzustellen, musste Durinn sich damit begnügen, seine Augen auf den durchtrainierten Rücken seines Führers zu heften und im vertrauensvoll zu folgen. Sie gingen schnellen Schrittes durch das erste Tor in den Barbakan, der wie eine kleine Burg in sich war, auf das gegenüberliegende, gleichfalls offene zweite Tor zu. Eine Zugbrücke lag nun vor ihnen. Über einen tiefen Graben hinweg verband sie das Außenwerk, welches die Aufgabe hatte, das eigentliche Burgtor zu schützen, mit dem Torhaus. Auf der anderen Seite angekommen, durchschritten sie selbiges. Nun standen sie auf einem großem Hof, der bis auf den gewundenen Weg vollends begrünt war. Hier gab es viele Menschen, die trotz des Regens geschäftig umher eilten. Es gab Stallungen und einige kleine Gebäude, von denen Durinn nicht die einzelnen Bedeutungen erkennen konnte. Er sah Obstbäume, einen Fischteich, ja sogar ein paar Schafe, die gemütlich grasten. Sie folgten weiter dem schön angelegtem Weg, der erst in gerader Linie gen Westen verlief, dann eine Kurve nach Osten tat, um„ dann wieder im Norden auf ein Tor zu treffen. Dieses nunmehr vierte Tor lag in einer erneut drei Mannes hohen Mauer und war, mal abgesehen von dem Wehrgang, der einzige Weg zu dem dahinter liegendem Palas. Dieser lag nun wieder im Nordwesten und Durinn, dem die ganze Größe der Burg gewahr wurde, erkannte schnell die Verschlagenheit dieser geschickten Bauweise. Ein direktes Durchstürmen wurde durch den gewundenen Weg unmöglich gemacht. Ein eventueller Eindringling musste sich immer wieder erneut orientieren, um von Tor zu Tor zu gelangen und bot in dieser Zeit eine fabelhafte Zielscheibe.

In diesem inneren Palashof waren ebenfalls Menschen mit ihrer Arbeit beschäftigt und dem gar zu köstlichem Geruch nach, erkannte er, schon vor dem Hinsehen, die Burgküche.

Durinns Magen meldete sich sogleich lautstark, um das Auslassen seines Mittagessen zu beklagen. Jamar, dessen Körpermaß sein eigenes drei Handbreit überragte, musterte ihn nun zum erstenmal aus schrägstehenden, blauen Augen von oben bis unten.

 

 


Dritte Leseprobe


 Beyla hatte gerade die Zeit Atem zu holen, als sie schon unsanft in einen Raum katapultiert wurde. Sie blickte sich suchend um, während sie sich gleichzeitig auf ihre Füße rollte und Sprung bereit hocken blieb.


Sie konnte nicht viel erkennen, denn als einzige Lichtquelle diente ihr eine kleine Kerze, die rechts, hinter ihrem Rücken, auf einem kniehohen Stein zuckend brannte. Sie hörte wie die Luke sich über ihrem Kopf wieder schloss. Die Flamme brannte danach ruhig wie zuvor.

Beyla lauschte in die Dunkelheit, konnte aber kein Geräusch ausmachen. Angst begann sich in ihr breit zu machen. Aber sie ermahnte sich selbst ruhig zu bleiben, um die Situation logisch zu handhaben und nicht ihre Lage durch Hysterie zu verschlimmern. Ihr Vater hatte ihr oft genug gesagt, dass ein Mensch, so gut er auch sein mag, wenn er in einer schwierigen Situation nicht überlegt handelt, sein Leben leichtsinnig verspielt. Langsam tasteten ihre Finger nach ihrem Knöchel und fanden den dünnen Strick, der sich in ihren wollenden Socken grub. Er ließ sich ohne weitere Mühe lockern. Sie drehte ihren Kopf leicht zur Kerze und konnte nun die dahinter liegende Wand erkennen. Ihre Augen gewöhnten sich schnell an das fahle Licht, doch konnten sie die vor ihr liegende Schwärze nicht durchdringen. Vorsichtig richtete sie sich auf, um rückwärts zu der Kerze zu schleichen. Ihre Hand glitt an dem warmen Wachs herab, um den Stumpf von dem Gestein zu lösen. Doch ein wenig Wachs lief auf ihre bloßen Finger und Beyla musste einen Aufschrei unterdrücken. Fluchend schälte sie die erkaltende Masse von ihrer Haut und presste die heiße Stelle gegen ihre feuchte Zunge.

Da begann die orange Flamme erneut zu flackern. Erst dachte Beyla sie selbst wäre der Grund dafür, doch stillstehen und in die andere Richtung atmen beruhigte das kleine Licht in keiner weise. Ihr Herz hörte für einen Takt auf zu schlagen, nur um dann um so schneller wieder einzusetzen, so schnell als wolle es hier, in der plötzlich viel zu engen Brust zerspringen. 'Was vielleicht gar nicht so schlecht wäre,' schoss es durch Beylas dröhnenden Kopf.

„Was macht ihr Sterblichen hier, in meinem Reich?“ drang eine klare, kalte Stimme aus der undurchdringlichen Dunkelheit vor ihr.

Beyla brauchte einen Moment, um ihrer Zunge gehorsam aufzuzwingen. „Nun…,“ erklang die Stimme erneut; messerscharf.

„Wi…“ Beyla musste sich räuspern. „Wir wurden auf unserer Burg angegriffen und eine Leersch brachte uns hierher.“

„Keine Leersch öffnet freiwillig ein Tor in meine Welt.“ kam die bedrohlich klingende Stimme nun etwas näher aus der unergründlichen Schwärze.

Beyla war entsetzt. „Dazu sind doch Leersche da, dass sie ihre Schüler hier in die Welt des großen Drachen bringen.“ Nur kurz zögerte Beyla, um jedoch schnell fortzufahren. „Ich öffnete das letzte Tor.“ Zitternd erwartete sie die Antwort, doch zuerst blieb es still. Doch dann hörte sie schwere Schritte auf sich zukommen. Beyla wäre am liebsten weggerannt, doch auch wenn sie gewusst hätte wo es hier einen Ausgang gibt, hätten ihre Füße ihr wohl den Dienst versagt.

Eine Bewegung vier Fuß über ihr, veranlasste Beyla ruckartig ihren Kopf zu heben. Ein Gesicht schob sich dort oben aus der Dunkelheit. Eine unbändige Angst hatte von ihr Besitz ergriffen. Unfähig eines ihrer Glieder zu bewegen, stand sie nur wie angewurzelt da, bis das Wesen vollends zu sehen war. Schwach erleuchtete die kleine Kerze die riesige Kreatur. Beyla war wie gefangen von dem Anblick, doch war es nicht nur Furcht, die sich bei seinem nähern in ihr ausbreitete. Blitzende, Birkenblatt grüne Augen, mit Bernsteinfarbenen, tanzenden Punkten musterten sie aus einem scharfkantigen Gesicht. Spitze, lange Reißzähne bogen sich aus wohlgeformten Lippen. Schwarzes, langes Haar wurde im Nacken zusammen gehalten und viel in dicken Strähnen, auf eine Muskulöse, haarige Brust. Unter dem dunkelblauen Lendenschurz ragten zwei kräftige Beine heraus. Ein Reptil artiger Schwanz ringelte sich bei jedem Schritt hinter ihm auf dem Boden. Als er sie schließlich erreicht hatte, war er nur noch eineinhalb Kopf größer und die scharfen Zähne, sowie der grüne Schwanz waren verschwunden. Zurück blieb der faszinierendste Mann den Beyla je gesehen hatte.